Videospiele sind ein großes Reizthema in vielen Familien. Manche Eltern halten diese Form der Freizeitbeschäftigung für sinnlose Zeitverschwendung. Andere Erziehende mögen zwar digitalen Spielen deutlich offener gegenüberstehen, stoßen aber im Erziehungsalltag immer wieder an ihre Grenzen. Weil sich Kinder oft nur schwer davon lösen können, weckt diese starke Sogwirkung verständlicherweise schlechte Gefühle in uns. Die Verunsicherung nimmt sogar erheblich zu, wenn einige Expert*innen vor fatalen Folgen wie zum Beispiel Suchtgefahr oder erhöhtem Aggressionspotential warnen. Andere gehen noch einen Schritt weiter und behaupten, Games würden das kindliche Gehirn löschen und somit zu einer verschlechterten Schulleistung führen. Das alles ist nichts Neues. Schon immer war für viele Eltern die Welt der Games mit diffusen Ängsten aufgeladen. Doch solange wir kontrollieren, was Kinder spielen und wie lange sie spielen, gibt es wenig Grund zur Sorge.
Spielen ist etwas Gutes! Jeder Mensch hat von Geburt an einen Spieltrieb. Der Säugling spielt mit der Rassel, das Kleinkind mit Klötzchen und das Schulkind mit Spielzeug, Brettspielen oder Games. Spielen gehört zur körperlichen, seelischen und mentalen Entwicklung einfach dazu. Je älter Kinder werden, desto stärker verändern sie sich und ihre Ansprüche an das Spiel steigen. Der Vierjährige hat große Freude daran eine Brio-Eisenbahn aufzubauen, bei einem 13-Jährigen wäre das merkwürdig.
Oh ja. Spielen macht glücklich. Ganz gleich ob mit Videospielen oder herkömmlichen Spielsachen. Denn es regt die Fantasie und Kreativität an. Durch Spielen wird zudem die Kompetenz, Konzentration und Ausdauer gefördert und die Empathie gesteigert.
Darüber hinaus erwerben Kinder und Jugendliche noch eine andere wichtige Fähigkeit: Sie lernen zu verlieren und so allmählich ihre eigene Frustrationstoleranz zu regulieren. Das sind doch eine ganze Menge positiver Aspekte und sollte uns klar machen, warum wir der Spielfreude der Kinder nicht zwingend skeptisch gegenüberstehen sollten. Bei Videospielen kommen weitere Fähigkeiten hinzu.
Na klar. Neben dem allgemeinen Potenzial, das durch das Spielen entfaltet wird, kommen bei Videospielen weitere Kompetenzen hinzu.
Zum Beispiel trainieren Games das Reaktionsvermögen und die Geschicklichkeit. Videospiele können den Orientierungssinn verbessern und das strategische und taktische Denken anregen. Durch Teamplay kann auch der soziale Umgang verbessert werden, wenn sich ausgetauscht und abgesprochen wird.
All diese Fertigkeiten erwerben Kinder und Jugendliche praktisch nebenbei. Ihre eigentliche Motivation liegt anderswo: Sie spielen, weil es ihnen Freude macht. Darum finden sie ja oft kein Ende.
Im Gegensatz zu anderen Medien können Kinder und Jugendliche in digitalen Spielen selbst eingreifen. Sie verharren nicht länger in einer passiven Konsumentenrolle wie etwa beim Fernsehen, sondern werden selbst zur aktiv handelnden Person. Wird in einem Spiel nicht reagiert, geht es auch nicht weiter.
In Games dürfen Kinder und Jugendliche Dinge unternehmen, die sie im echten Leben nicht dürfen. Sie steuern schnelle Boliden, rennen mit großen Fußballstars über den Platz oder retten in Fantasywelten die Prinzessin. In manchen Spielen gründen sie sogar eine Familie, starten eine berufliche Karriere und richten sich das Wohnhaus nach eigenen Gestaltungswünschen ein. Oder sie bauen Siedlungen mit einem funktionierenden Warenwirtschaftssystem auf. Das sind schon beeindruckende Möglichkeiten.
Die Unsterblichkeit in Games spielt eine große Rolle. Die Handlungen haben keine ernsthaften Folgen. Stürzt der Mountainbikefahrer vom Berg in die Tiefe, haben einen die gegnerischen Schurken erwischt oder bricht ein Imperium zusammen, kann ganz einfach wieder von vorne begonnen werden.
Von wegen, Spiele machen einsam. Die Realität hat uns längst eines Besseren belehrt. Kinder und Jugendliche spielen am liebsten mit anderen zusammen. Das kann gemeinsam auf dem heimischen Sofa stattfinden oder eben auch online. Nach Ansicht vieler Kinder und Jugendlicher ist das wichtigste Kriterium für ein gutes Spiel, dass zusammen gespielt werden kann.
In Games haben Kinder Macht. Sie treffen darin Entscheidungen, in die sich niemand einmischt. Im realen Leben dagegen bleibt ihr Einfluss eher beschränkt und sie werden nur selten von Erwachsenen in Entscheidungen einbezogen.
Wenn in einem Spiel etwas schiefgeht, kann wieder von vorne begonnen werden, ohne den fatalen Fehler beim nächsten Versuch zu wiederholen. Und niemand macht einem deswegen Vorhaltungen.
In Games brechen Mädchen und Jungen aus ihrem Kinderdasein aus und nehmen die Gestalt eines erwachsenen Helden an. In unterschiedliche Rollen zu schlüpfen begeistert sie. Das kann eine mächtige Zauberin, ein überproportionierter Muskelprotz oder ein unerschrockener Weltraumpilot sein.
Das mag zwar als reine Binsenwahrheit durchgehen, trifft aber deshalb nicht weniger zu. Denn nicht immer haben Freunde Zeit. Dann ist der Griff zur App oder Konsole ein bewährter Ersatz.
Videospiele fordern Kinder heraus. Sie möchten wissen, ob sie die Schwierigkeiten meistern und obsiegen. Auf die Frage, wie ein Spiel sein muss, damit es ihnen Freude bereitet, sagen viele Kinder: Es darf nicht zu schwer und nicht zu leicht sein.
In vielen Spielen werden Kinder und Jugendliche zu Held*innen, die keine geringere Aufgabe erhalten haben, als die Welt zu retten. Das ist ein tolles Gefühl und das hätten wir alle mit 10 Jahren auch nur zu gerne gemacht.
Oft kommt es beim Thema Videospiele zum Streit. Viele Eltern halten Games für Zeitverschwendung. Sie haben Angst, dass zu viel Zocken deinem Gehirn und deiner Entwicklung schadet. Es gibt dazu alarmierende Studien. Auch wenn du das alles für Quatsch hältst, so musst du trotzdem diese Ängste ernst nehmen. Du kannst sie sogar entkräften, indem du zeigst, wie eigenverantwortlich du mit Computerspielen und Co. umgehst. Zum Beispiel, wenn du dich an die vereinbarten Zeiten hältst und nichts über den Bildschirm läuft, was deinem Alter nicht angemessen ist.